Veränderung und Loslassen Teil 3: der Aufbruch - Wolfgangs Kolumne im Februar

Aufbruch Camino

Aufbruch in die Veränderung ... wie gehen wir um mit unserer Schwellenangst? Was macht, dass wir loslaufen? Welche Übergangsrituale können uns unterstützen?

Wer aufbrechen will, muss losgehen..

Wer auf der Schwelle verharrt, kann den Weg nicht sehen..

Wer losgeht, findet seinen Weg!


Ja, tatsächlich - klingt banal, aber so ist es: wer aufbrechen will, muss den Schritt über die Schwelle wagen und loslaufen.. oft aber leichter gesagt als getan!

Der erste Schritt, bei dem wir das Vertraute hinter uns lassen und aufbrechen, um einen neuen Weg zu finden - dieser erste Schritt ist oft der schwerste, der, der uns am meisten Überwindung kostet. Dies scheint ein zutiefst menschliches Phänomen zu sein, denn es gibt in vielen Kulturen weltweit sogenannte "Schwellenrituale" und in vielen Sprachen kennt man den Begriff "Schwellenangst".
In der menschlichen Entwicklung gibt es einige Lebensabschnitte, die durchaus den Status einer Schwelle haben können - Einschulung, erste Beziehung, Familie gründen, Geburten, der erste Job! Oder, besonders schwierig, aber wichtig: der Übergang von der Kindheit zur Adoleszenz und weiter zum Erwachsensein.
Gerade für diese Lebensabschnitte gibt es in vielen Ländern und Kulturen Übergangsrituale: im christlichen Kulturkreis z.B. die Kommunion/ Firmung und Konfirmation und im mehr atheistisch geprägten Umfeld die Jugendweihe. Im jüdischen Glauben gibt es Bar bzw. Bat Mitzwa zur Aufnahme von Jungen und Mädchen in die Glaubensgemeinschaft, Hindus kennen das Pubertätsfest, im Buddhismus kann man eine Regenzeit lang im Kloster als Gastmönch verbringen, schamanistische Kulturen haben oft Initationshäuser und Schwitzhüttenrituale usw. Alle diese Rituale haben ein paar Ziele gemeinsam:
- sie sollen den Betroffenen Sicherheit in einer unsicheren Lebenssituation geben
- sie sollen den Aufbrechenden eine Richtung geben, eine Idee wo es hin gehen könnte
- durch das Ritual soll vermittelt werden, dass man Teil einer Gemeinschaft ist
Wenn wir uns dies vor Augen halten, wird auch sehr schnell klar, dass auch der Aufbruch in einen Veränderungsprozess Rituale benötigt, damit wir die Schwelle möglichst angstfrei überschreiten können. Dies gilt sowohl für Veränderungen im privaten Bereich als auch für Veränderungen in Unternehmen und Organisationen - Rituale geben Richtung, Orientierung, Sicherheit!
Beispiele gefällig? Bitte sehr:
Wer umzieht, erhält oft (zumindest im ländlichen Bereich) Besuch von Nachbarn, die Brot und Salz überreichen - das bringen oft auch Gäste mit zur Einweihungsparty im neuen Haus.
Zur Einschulung gibt's nach wie vor die Schultüte mit kleinen Geschenken und Glücksbringern.
Wenn Firmen ein neues Gebäude einweihen, gibt es eine Feier und - je nach religiöser Ausrichtung - die Bitte um den Segen von oben.
Starten Unternehmen einen größeren Veränderungsprozess, so geschieht das sinnvollerweise mit einer Kickoff - Veranstaltung, bei der die Mitarbeiter motiviert und auf die Ziele der Veränderung eingeschworen werden sollen.
Wir sehen, wer sich auf die Reise macht, braucht den Entschluss zur Veränderung, die Bereitschaft loszulassen, eine Vision, wo es hingehen soll und letztlich den Mut die Schwelle zu überschreiten!

Ich sage es hier gerne noch einmal: es ist menschlich, auf der Schwelle zu verharren und einen Moment zu reflektieren, was sich nach diesem ersten Schritt ändern wird - es ist jedoch fatal, auf der Schwelle zu verharren, weil man sich fürchtet, eine falsche Richtung einzuschlagen d.h. eine falsche Entscheidung zu treffen. 
Wie wir auf dem Bild gut sehen können: sitzend und zweifelnd kann man von der Schwelle aus Qualität und Richtung des Weges nicht erkennen - dies geschieht erst, wenn man losgegangen ist und sich die Perspektive verändert. Hier erschliesst sich dann auch die Weisheit des altbekannten Wortes von Franz Kafka: 

"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht!"

Bei jedem Schritt auf neuen Wegen wechselt die Perspektive, kann ich Steigungen und Hindernisse erkennen, sehe ich Rastplätze und Abkürzungen - genauso gilt das für alle Veränderungsvorhaben: für uns als Personen privat und im Beruf, aber auch für die Veränderungen innerhalb von Organisationen und Unternehmen.
Kleiner Tipp: wie beim Wandern oder Pilgern kann es auch in organisatorischen Veränderungsprozessen sehr hilfreich sein, sich ab und zu umzudrehen und sich den bisher zurückgelegten Weg ein wenig einzuprägen... das hilft bei der Umkehr, falls man sich doch einmal verlaufen sollte!
Im nächsten Beitrag werden Sie etwas über diese Umkehroption hören (im Projektdeutsch "fallback-szenario")  und ich werde Ihnen zeigen, wie wir erfolgreich mit Veränderungen umgehen können, die wir uns NICHT selbst vorgenommen haben, sondern deren Anstoss von aussen kommt.
Bleiben Sie bei uns!

Wolfgang, 28.02.2018 um 15:23